
- Datum
- 14.11.2025
- Branche
- Versorgungswirtschaft
- Kontakt
- Anja Schmucker
PR Managerin
- Phone
- +49 731 9650 483
- anja.schmucker@wilken.de
Diskutierten angeregt auf dem Wilken Utility Summit (von links): Julian Stenzel von IVU Informationssysteme, Markus Probst von Kisters, Moderator Matthias Mett, Andreas Bantel von der Energieversorgung Filstal und Dirk Briese vom Verband BEMD.
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Wilken Utility Summit am 21. Oktober 2025 in Ulm
KOLLABORATION ALS SCHLÜSSEL ZUR ERFOLGREICHEN TRANSFORMATION IN DER ENERGIE-
WIRTSCHAFT
Artikel in der ZfK: "Wir messen uns an Anbietern wie Octopus, müssen aber alles leisten – und haben weniger Kapital für Investitionen"
Zwischen Fortschritt und Frust: Trotz Digitalisierung kämpfen Stadtwerke mit hohem Aufwand. Beim Utility Summit der Wilken Software Group diskutieren Experten, was sich jetzt wirklich ändern muss.
Von Stephanie Gust | 14.11.2025 | ZfK - Zeitung für kommunale Wirtschaft
Wie schnell Digitalisierung in der Energiewirtschaft voranschreiten sollte – und was sie derzeit bremst – war Thema einer Podiumsdiskussion beim Utility Summit in Ulm. Vertreter von IT, Stadtwerken und Verbänden diskutierten neben vielen weiteren Themen die Rolle von Netz- und Messstellenbetreibern im digitalen Energiesystem der Zukunft. Einigkeit herrschte in einem Punkt: Ohne Kooperation, einem starken Fokus auf Standards und klarere Regeln geht es nicht.
Unter der Moderation von Matthias Mett, der unter anderem auch jährlich den Stadtwerke Impact Day ausrichtet, tauschten sich Julian Stenzel, Geschäftsführer von IVU Informationssysteme, Markus Probst, Bereichsleichter Energiewirtschaft bei Kisters, Andreas Bantel, Geschäftsführer bei der Energieversorgung Filstal, und Dirk Briese, Geschäftsführer vom Verband BEMD, über Erfahrungen, Hemmnisse und Perspektiven aus.
"Wir sind viel zu langsam und zu komplex"
Zum Auftakt betonte Stenzel von IVU Informationssysteme, die Geschwindigkeit der Digitalisierung nehme deutlich zu – nicht nur technisch, sondern auch regulatorisch. "Gerade in der Marktkommunikation haben wir in den letzten Jahren enorme Entwicklungen gesehen", sagte er. "Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende war als Mantelgesetz gedacht – heute ist es ein Hebel für viel mehr."
Briese vom BEMD formulierte es drastisch: "Wir sind viel zu langsam und viel zu komplex. Für mich gibt es da praktisch keine positiven Seiten", sagte er. "Seit 1997 reden wir über Digitalisierung, aber wir haben keine digitalisierten Netze und nicht einmal die Daten, die wir brauchen."
Auch Markus Probst (Kisters) sieht Handlungsbedarf bei der Zusammenarbeit: "Digitalisierung ist kein IT-Thema allein. Sie erfordert, dass Abteilungen zusammenarbeiten, die früher wenig miteinander zu tun hatten. Es geht um Mindset, nicht nur um Technik."
Stadtwerke zwischen Fortschritt und Aufwand
Bantel von der Energieversorgung Filstal (EVF) schilderte, was Digitalisierung im Alltag eines Stadtwerks bedeutet: "Vieles ist heute machbar, was früher undenkbar war. Das hat uns enorm vorangebracht – ohne Digitalisierung hätten wir vermutlich 15 bis 20 Prozent unserer Kunden verloren."
Der Fortschritt hat aber seinen Preis: "Wir haben nicht weniger, sondern mehr Mitarbeitende – obwohl vieles automatisiert wurde", sagte Bantel. "Vor 15 Jahren hatten wir 150 bis 160 Beschäftigte, heute sind es 262."
Digitalisierung sei wie ein Uhrwerk, in dem jedes Rädchen ins andere greifen müsse. "Wenn oben an den politischen Vorgaben etwas verändert wird, wissen viele gar nicht, was das unten auslöst", warnte er. "Wir sind ein Vollversorger mit Strom, Gas, Wasser, Bädern und Parkhäusern – die Komplexität steigt ständig."
Regulatorik als Bremsklotz
Einigkeit herrschte darin, dass Regulierung die Digitalisierung oft eher hemmt als fördert. "Wir hatten vor 15 Jahren in Norderstedt schon Smart-Meter-Zähler, die alle 15 Sekunden Daten lieferten – das hat funktioniert", erinnerte sich Stenzel. "Heute machen wir es uns durch Regulierung, Datenschutz und BSI-Vorgaben viel zu kompliziert."
Briese ergänzte: "Wir machen uns das Leben schwer. Die Politik muss endlich sagen, welche Ziele sie priorisiert – Datenschutz oder Netzstabilität."
Probst plädierte für mehr Kreativität und Verantwortung in der Umsetzung: "Man könnte viel gewinnen, wenn man Einführungsprozesse gemeinsam gestaltet, anstatt sie nur aus der Regulierung heraus zu denken. Oft sitzen nicht die Richtigen am Tisch."
Fehlende Planungssicherheit und steigende Kosten
Wie schwierig die Lage für Versorger ist, verdeutlichte Bantel mit konkreten Zahlen: "Wir haben 35.000 Stromzähler, davon 15.000 moderne Messeinrichtungen – viele davon sind gar nicht nachrüstbar. Wir haben bisher 120 Gateways verbaut. Da kann man sich ausrechnen, wie lange das noch dauert."
Auch wirtschaftlich bleibt der Rollout eine Herausforderung. "Unsere IT-Kosten haben sich seit 2012 verdreifacht", sagte er. "Wir müssen effizienter werden – und die Systeme, die wir kaufen, müssen auch funktionieren. Mir fehlt derzeit ein klarer Business Case."
Stenzel machte deutlich, wie Standardisierung hilft, die Komplexität zu verringern: "Wenn wir Schnittstellen und Abläufe vereinheitlichen, sinkt die Komplexität für alle. Datenqualität ist die Basis – ohne saubere Stammdaten funktioniert nichts."
Stadtwerke fordern verlässliche Partner
Bantel forderte von der Branche mehr Verlässlichkeit: "Wir brauchen Partner, auf die wir uns verlassen können. Wir wollen keine Geschäftsmodelle von oben diktiert bekommen – etwa dynamische Tarife, die kaum jemand nutzt. Wir sind furchtlos neugierig, aber wir müssen es uns leisten können. Drei Kunden machen noch kein Geschäftsmodell."
Auch die Diskrepanz zwischen neuen Marktteilnehmern und kommunalen Versorgern sprach er offen an: "Wir messen uns mit Anbietern wie Octopus, müssen aber alles leisten – von Bädern bis Parkhäusern – und haben weniger Kapital für Investitionen."
Briese ordnete ein: "Viele Stadtwerke leben in einem stark regulierten Markt. Wenn ich drei Euro an den Kunden auszahlen muss und mich das 55 Euro kostet, funktioniert das Geschäftsmodell nicht."
"Vieles ist heute machbar, was früher undenkbar war. Das hat uns enorm vorangebracht – ohne Digitalisierung hätten wir vermutlich 15 bis 20 Prozent unserer Kunden verloren."
Datenschutz, Datenqualität, Realität
Beim Thema Datenschutz gingen die Meinungen auseinander. Briese kritisierte: "Datenschutz ist wichtig, aber nicht wichtiger als ein stabiles Netz." Stenzel ergänzte: "In anderen Ländern ist man pragmatischer – dort gibt es längst den zweiten Rollout, während wir uns in Deutschland mit technischen Einzelheiten aufhalten."
Aus dem Publikum kamen praktische Einwände: Funkprobleme, Verbindungsabbrüche und hoher Aufwand bei der Installation. "Wir haben 100 intelligente Messsysteme verbaut, von denen sich 20 Prozent nur alle paar Tage melden", berichtete ein Teilnehmer. "Dafür muss man extra Leute einstellen." Briese brachte das Grundproblem auf den Punkt: "Man kann mit Projekten wie dem MaKo-Hub gar nicht anfangen, wenn die Datenqualität nicht stimmt. Viele reden über Zentralisierung, aber die Basisdaten fehlen."
Kooperation statt Konfrontation
Am Ende überwog die Einsicht, dass die Energiewirtschaft nur gemeinsam vorankommt. "Wir müssen offen bleiben für Veränderung", sagte Bantel. "In jeder Herausforderung steckt eine Chance. Kooperationen helfen uns, steigende Kosten zu teilen und voneinander zu lernen."
Briese formulierte einen Appell an die Politik: "Wir müssen die Ziele klar priorisieren. Wollen wir Stadtwerke stärken oder Regulierung fortschreiben? Die Energiewende braucht Pragmatismus, nicht noch mehr Vorgaben."
Probst griff das Thema auf: "Gerade kleinere Stadtwerke müssen sich zusammenschließen, um Themen gemeinsam zu stemmen. Auch wir als Hersteller werden stärker kooperieren müssen. Automatisierung, KI und standardisierte Software sind dafür zentrale Hebel." Und Stenzel zog das Fazit: "Planungs- und Investitionssicherheit sind entscheidend. In Schleswig-Holstein zeigen Kooperationen, wie Stadtwerke gemeinsam Stückkosten senken und effizienter arbeiten können."
Den Artikel finden Sie hier auf der Seite der ZfK.
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